Mit Vollgas ins Aus? Die neue Alfa Romeo Giulia GTA!

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Rennsiege, Weltmeisterschaften und eine Faszination die nur wenigen Markennamen beschert ist. Alfa Romeo, die Mailänder Autoschmiede mit dem wohl erotischsten Namen in der Autoindustrie. Gepaart mit oftmals atemberaubenden Karosseriedesigns, steckt einmal mehr in der Krise. Wohin der Weg im neuen PSA/FCA-Verbund geht, möchte bisher noch niemand aussprechen. Tonale auf 2021 verschoben, kein neuer bezahlbarer Wagen in der Kompaktklasse in Sicht. Zwei fast neue Modelle im Portfolio, die außer im Erscheinungsjahr nur eine Richtung kennen – Abwärts! Erfolg liest sich anders.

„Die Präsentation – Ein moderner Retro-Albtraum!“

Und nun, anstatt ein Auto für viele, kommt nach dem mittlerweile eingestellten Traumwagen Alfa Romeo 4C der nächste Träumer. Im Umfeld zahlreicher virtueller Neuwagen-Vorstellungen des Genfer Autosalons #gims, zeigte FCA nur ein Produkt-Video im Stream. Selbst dieses war zeitweise nicht zu sehen, weil ein Zugriff auf die Website nicht möglich war. Überlastung heißt es aus FCA Kreisen. Dies ist einerseits schön, Interesse ist immer gut, jedoch sollte man es doch hinbekommen, dass ein avanciertes Video zum geplanten Zeitpunkt einfach anzusehen ist. Vor allem wenn weltweit Medienleute vor dem GTA Standbild warten. Es handelt sich ja nicht um eine Live-Schaltung, respektive Livestream mit Akteuren wie bei einigen anderen Marken. So saß man vor den Geräten und wartete, wie zu DSL2000 Zeiten.

„GTA – Ein Kürzel zum Träumen!“

Rot, schwarze Anbauteile, ein riesiger 90er Jahre Heckflügel und ein knallrot lackierter Überrollkäfig. Ciao Bella, hier kommt eine echte Mailänder Herzensbrecherin auf uns zu. Eine Giulia GTA, deren Urahn erstmals 1965 auf dem Autosalon in Amsterdam präsentiert wurde. Die drei Buchstaben GTA stehen für den italienischen Begriff „Gran Turismo Alleggerita“ und bezeichnen einen schnellen Reisewagen (Gran Turismo) in Leichtbauweise (Alleggerita).

Alfa Romeo Giulia GTA im Museo Storico, Mailand

Die Ingenieure der Alfa Romeo Rennabteilung Autodelta hatten damals das Serienmodell Giulia Sprint  GT stark überarbeitet, um ein sogenanntes Homologationsmodell für den Einsatz bei Tourenwagen-Rennen zu erhalten. Dazu ersetzten sie das herkömmliche Stahlblech durch Aluminium als Material für die äußere Karosserie. Im Vergleich zum Großserienmodell reduzierten sie das Gewicht von 950 auf rund 745 Kilogramm. Gleichzeitig steigerte Autodelta die Motorleistung von 115 PS auf bis zu 170 PS in der Rennversion. Der Sieg in der Tourenwagen-Europameisterschaft war der verdiente Lohn für die intensive Arbeit.

„Frittentheke Reloaded!“

Bei der 2020er Ausgabe der Giulia GTA verwendet man Carbon anstatt Aluminium um das Gewicht zu senken. Und auch dies gelang den Ingenieuren wie damals hervorragend. Ganze 100 Kilogramm verliert die Giulia GTA zu ihrem Standardmodell. Verantwortlich dafür ist die umfangreiche Verwendung des High-Tech Materials. So bestehen Kardanwelle, Motorhaube, Dach, vorderer Stoßfänger, vordere Kotflügelverbreiterungen und Einsätze in den hinteren Kotflügelverbreiterungen aus Kohlefaser. Ebenfalls aus Kohlefaser sind die Schalen der Sitze von Fahrer und Beifahrer gefertigt, die in der neuen Alfa Romeo Giulia GTAm um Sechspunkt-Hosenträgergurte von Sabelt ergänzt werden. 

Zum Auto gibt es eine maßgearbeitete Abdeckplane für die Wintermonate dazu.

Bei der Racing intensiveren Version Alfa Romeo Giulia GTAm wird noch mehr Gewicht gespart.  Die seitlichen und hinteren Fenster sind mit dem aus dem im Motorsport weit verbreiteten Polycarbonat-Kunststoff Lexan hergestellt. Neu sind die 20-Zoll-Leichtmetallräder mit Zentralverschluss. Eine Reminiszenz an den Rennsport. Das Fahrverhalten optimierten soll die um 50 Millimeter verbreiterte Spur an Vorder- und Hinterachse sowie durch neue Abstimmung von Federn, Stoßdämpfern und Fahrwerkslagern.

Geschmacksache ist sicher der riesige aus Kohlefaser gefertigte Heckspoiler. Sicher nicht zufällig erinnert er an diverse Alfa Romeo Tourenwagen den 1990er Jahren. Dezent italienisch elegant ist anders. Wir finden ihn extra scharf, wie eine Pizza Napoli mit extra Peperoni drauf. Aber nur ganze Früchte damit es richtig brennt.

„Ein Interieur als Pulsbeschleuniger!“

Während der viersitzige Innenraum der neuen Alfa Romeo Giulia GTA weitgehend dem Modell Quadrifoglio entspricht, ist das Innenleben der Alfa Romeo Giulia GTAm etwas für automobile Freaks. Alcantara wird noch mehr als beim GTA bis in die letzte Ritze verlegt und die Türen öffnet man mit einer Schlaufe anstatt dem biederen Türgriff. Visueller und natürlich auch sicherheitsrelevanter Hingucker ist der knallrot lackierte Überrollbügel.

Und weil Gewicht Leistung kostet, fährt man sowieso besser alleine. Daher hat Alfa Romeo für diese Kunden direkt schon mal die Rückbank entfernt. Klasse, Arbeit gespart. Eingebaut hat man eine Ablagefläche mit Aussparungen in welche perfekt ein Helm passt. Auch gut, dann stören auch nicht die seltsamen Blicke der Leute im Aufzug, wenn man mit dem Helm unter dem Arm aus der Tiefgarage ins Büro fährt.

„Allegro auch unter der Haube!“

Wer so die Backen aufbläst braucht natürlich auch Puste in der Brust, um beim Ampel-Beschleunigungsduell nicht zweiter Sieger zu werden. Die Titan-Abgasanlage von Akrapovič mit in den hinteren Kohlefaser-Diffusor integrierten Endrohren sorgt für 30 Mehr-PS. Insgesamt stehen bei der Giulia GTA 540 PS für den Vortrieb, ausschließlich über die Hinterachse zur Verfügung. Im Idealfall vergehen so nur 3,6 Sekunden für den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h.

„Weniger Gewicht – mehr Geld!“

Bestellen kann man schon. Allerdings rollen die Giulia GTA Modelle erst im Sommer aus der Boxengasse zum Käufer. Es ist dennoch Eile geboten, um einen der zusammen auf nur 500 Stück limitierten Giulia GTA zu ergattern. Zumal der Service ebenso einzigartig ist, wie dieser Alfa Romeo selbst. Herstellung und Auslieferung jedes Fahrzeugs werden von einem Alfa Romeo Markenbotschafter begleitet. Darüber hinaus erhalten alle Kunden ein spezielles Begrüßungspaket, bestehend unter anderem aus einem von Bell gefertigten Helm im GTA-Design, einem Bekleidungsset von Alpine Stars (Rennanzug, -handschuhe und -schuhe) sowie einer maßgeschneiderte Fahrzeugschutzhaube von Goodwool. Zusätzlich zu Accessoires und Zubehör umfasst das Angebot für Kunden außerdem ein Fahrtraining bei der Alfa Romeo Driving Academy. Für einige Käufer sicherlich das wichtigste Accessoire im Umgang mit ihrer italienischen Sportlerin.

Zu Preisen äußert sich FCA noch nicht. Wenn man das Giulia Nring Sondermodell aus 2018 als Basis nimmt, wird die Giulia GTA sicherlich deutlich in den sechsstelligen Eurobereich anzusiedeln sein. Damit avanciert diese Genfer Autosalon Neuheit natürlich zu einem Traumwagen. Aber hilft dies der Marke weiter um langfristig Erfolg am Markt zu haben? Für die meisten Alfisti bleibt die Giulia GTA unerreichbar, aber sie hätten sich ja auch einen Nachfolger für die Giulietta oder den schon länger verblichenen Mito gewünscht. Erfolg kann man nicht erträumen, den erzielt man durch schnöde langweilige Verkäufe. Und das wird mit der Giulia GTA schwierig, so heiß diese Italienerin auch sein mag.

Alfa Romeo, die einst so große italienische Marke begeht 2020 ihren 110. Geburtstag. Bleibt zu hoffen, dass es nicht ihr letzter sein wird.

Text: Bernd Schweickard

Foto: Hersteller, Bernd Schweickard (1)

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