Rückspiegel: London Classic Car Show

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„English please!“

 

Zum sechsten Mal fand die London Classic Car Show im Königreich von Queen Mum statt. In diesem Jahr (20.-23. Februar 2020) zog die Oldtimershow von den Docklands in die ehrwürdigen Räumlichkeiten des „Olympia“ um. Die 1886 eröffneten Ausstellungshallen sind allemal stilechter als die modernen Hallen des Excel. Und es wurden direkt Rekorde gebrochen. Denn für die beachtliche Gesamtsumme von rund 11 Millionen Euro wechselten klassische Fahrzeuge ihre Besitzer. Daran hatte natürlich auch die regelmäßig stattfindende Coys-Auktion ihren Anteil. Bei einem von nur vier gebauten 1974 Maserati Ghibli 4,9l SS Spyder fiel der Hammer erst bei opulenten 930.000 Euro. Doch die Italiener waren erwartungsgemäß nicht die Stars der Show. Dies waren vielmehr die edlen englischen Klassiker, allen voran von Aston Martin.

„Aston Martin für Alle – Nicht nur für Bond!“

Als eines der schönsten Fahrzeuge überhaupt gilt der Aston Martin DB4 GT von Zagato. Diesen konnte man sowohl in einer originalen Version von 1961, wie auch als Neuwagen „Continuation“ sehen und kaufen. Das originale „matching numbers“ Fahrzeug von 1961 ist jedoch restaurierungsbedürftig und wurde deshalb mit bescheidenen 2,5 Mio. Euro ausgezeichnet. Das „Continuation“-Modell ist dagegen ein echter Neuwagen und in seiner neuesten Auflage von 19 Stück für rund ca. 7 Mio. Euro nur zusammen mit dem aktuellen Aston Martin DBS Zagato zu bekommen.

Wer es individueller und günstiger mag, der blieb beim Aston Martin V8 Vantage Zagato von 1987 stehen oder bestaunte einen der 25 Aston Martin Vanquish 25 by Callum. Mit diesem speziellen Umbau setzte der Vanquish-Designer Ian Callum rund 20 Jahre nach seinem grandiosen Entwurf noch einmal über 100 neue Verbesserungen des Designs um. Das Basisfahrzeug ist im Preis von über einer halben Million Euro bereits enthalten.

„Neu, Neu-Alt und Geburtstage!“

Es scheint insgesamt einen Trend zu Recreations oder umgebauten Klassikern zu geben. Von Aston Martin gibt es neben dem DB4 GT Zagato auch eine Wiederauflage des DB5 „Goldfinger“ und Land Rover baut den klassischen Range Rover komplett aus alten Neuteilen auf. Sogar die wiederauferstandene Marke Jensen präsentiert ein Neufahrzeug in altem Gewand: den „Interceptor“. Und den gibt es gleich in verschiedenen Versionen mit moderner Technik, komplett neu aufgebaut – die Karosserie eines alten Interceptor ist jedoch nötig. Wer seinen Oldtimer elektrisch bewegen will, der kann dies zukünftig auch tun und sogar ein Rückbau ist möglich. Vom Fiat 500 bis zum Ferrari ist alles möglich, am beliebtesten ist zur Zeit jedoch der elektrische Mini. Den gab es natürlich nicht nur elektrisch, sondern auch im wilden Rennkostüm der Rallye Monte Carlo oder als originalen Scheunenfund einer nicht mehr ganz so wilden Cooper-Version von 1968.

Das Titelbild des Messekataloges der London Classic Car Show täuscht. Anders als bei Oldtimermessen in Deutschland, gab es überwiegend britische Klassiker zu sehen.

Runde Geburtstage wurden gefeiert und so hatten Audi für „40 Jahre Quattro“ und Land Rover für „50 Jahre Range Rover“ entsprechende Geburtstagskinder im Gepäck. Eine Sonderschau zum 50. Todestag von Bruce McLaren widmete sich einigen seiner wichtigsten Rennfahrzeugen.

Als besonderes Highlight konnte man Ian Callum, Adrian Newey und anderen Persönlichkeiten live lauschen, denn zum ersten Mal wurden „Car Stories“ auf der London Classic Car Show erzählt. Eine nette Idee, um Auto und Geschichten dazu aus erster Hand zu erleben.

Abseits von den exklusiven Sportwagen war man auf dieser Klassikermesse auch mit Geländewagen gut versorgt. Land Rover und Range Rover waren über alle Modelljahre hinweg zu sehen. Für rund 45.000 Euro konnte man sich entweder den frisch restaurierten Range Rover Vogue von 1990 in den Garten stellen oder den gleichfalls frisch restaurierten Land Rover von 1973.

„British Sonderbar bei den Clubständen!“

Auf der Suche nach skurrilen Engländern wurde man dann bei den privaten Clubs fündig, die in weit geringerer Zahl vertreten waren, als man es von den großen deutschen Messen kennt. Manche vielleicht nicht „wertvolleren“, jedoch selteneren Autos entdeckte man schließlich auf der Galerie der zweiten Halle. Dort wo die Liebhaber ihre Schätze zeigten, z. B. einen Triumph 2000 Italia von 1959 mit Vignale-Karosserie, von dem zwar über 300 Stück gebaut wurden. Davon dürften jedoch nur eine Handvoll überlebt haben. Auch die von Ford „AVO“ (Advanced Vehicle Operations) für den Motorsport aufgebauten Fahrzeuge waren für den deutschen Besucher etwas Außergewöhnliches und wann sah man zuletzt einen Rover SD1?

„England geht nicht ohne Bond!“

Alles in allem eine mit zwei Hallen überschaubare und abwechslungsreiche Messe. Ideal als Verbindung mit einem Wochenende in London. Vielleicht hat man nach so viel Aston Martin noch Lust auf die Dauerausstellung „Bond in Motion“ des London Film Museum? Es ist die weltweit größte offizielle Sammlung von James Bond Filmfahrzeugen und Accessoires.

Die nächste „London Classic Car Show“ findet vom 18. bis 21. Februar 2021 wieder im Olympia statt.

Text/ Foto: Michael Jülicher

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