Vor 50 Jahren: Sieg Porsche 908/3 Targa Florio 1970

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Der Sizilianer

Vor 50 Jahren: Porsche 908/3 triumphiert bei der Targa Florio 1970!

 

Die Strecke ist noch nass als die Porsche 908/3 an den Start der Targa Florio rollen. Ausgerechnet am Morgen des 5. Laufes zur Sportwagen Weltmeisterschaft 1970 hat es auf Sizilien geregnet. Es herrscht Chaos und hektisches Gewusel auf der sonnenverwöhnten italienischen Insel. Keine Spur von Dolce Vita und ruhiger Lässigkeit. Der Start um 8 Uhr muss verschoben werden, weil einige Offizielle, Zeitnehmer und der Alfa Romeo Präsident Giuseppe Luraghi noch fehlen. Und die gesamte Rennmannschaft von Lancia. Ist es die italienische Verzögerung von der Touristen gerne sprechen? Nein, alle stecken wohl im Stau aus Palermo. Kein Wunder, drängen sich doch 400.000 Zuschauer am Rennsonntag des 3. Mai 1970 durch die kleinen verwinkelten Gassen zur rund 72 Kilometer langen Rennstrecke im Hinterland. Zum Piccolo Circuito delle Madonie, wie der ausschließlich aus schmalen Landstraßen bestehende Kurs offiziell heißt.

Das Training

Zeit, um schnell mal auf das Training zu blicken. Normal findet dieses am Freitag vor dem Rennen statt. Aber auch vor 50 Jahren fällt der 1. Mai auf einen Freitag. So startet das Training bereits am Donnerstag, weil auch in Italien der 1. Mai ein Feiertag ist. Im Training dominierte der Ferrari 512 S die Herzen der Fans. Rot, flach, italienisch und ein sehr lauter 5 Liter 12-Zylinder im Heck, den man schon drei Ortschaften vorher schreien hört. Wie ein wildes Tier brüllt er, als wolle er sein Gehege gegen Nebenbuhler verteidigen. Und als Dompteur auch noch Publikumsliebling Nino Vaccarella am Steuer.

Und die Nebenbuhler, die Eindringlinge in das Refugium des heiligen italienischen Rennwagens der Scuderia Ferrari, sind einmal mehr die Sportwagen aus Zuffenhausen. Porsche setzt im Jahr 1970 voll auf den Mittelmotor-Rennwagen des Typs 917. Eingesetzt durch die Rennställe John Wyers aus England in der berühmten Gulf-Lackierung und die Porsche Holding in Österreich. Allerdings, die kurvenreiche Strecke, welche vom Startpunkt in Cerda fast nur bergauf und danach in engen Kurven bergab nach Campofelice führt, ist nicht perfekt für den 917 ausgelegt. Gut 800 Kurven und nur auf der einzig langen Geraden entlang der Küste hätte man die gewaltige Kraft des 917 voll ausnutzen können.

Porsche Rennleiter Falk erinnert sich: „Für die Targa war er zu groß, stand quer, kriegte die Kraft nicht auf den Boden. Die 908/03 gingen da hoch wie die Wiesel, der 917 war im Vergleich wie ein Elefant.“

So entschied man in der Rennabteilung in Stuttgart bereits im Frühjahr 1970, für die Targa Florio benötigen wir etwas Spezielles.

Die Geburt des 908/3

Im Frühjahr 1970 testete man mit einem Porsche 909 Bergspyder bereits auf Sizilien. Sein Vorteil ist das nur 430 Kilogramm leichte Fahrgestell. Sein Nachtteil war auch schnell klar und der schlummerte brav im Heck. Der kleine 2-Liter Achtzylinder der 275PS leistet. Damit ließ sich sicherlich kein Alfa T33 oder Abarth erschrecken. Die Porsche Techniker verpflanzten also im Testwagen den 3-Liter Achtzylinder Motor aus dem größeren 908 in den kleinen, zierlichen 909 Bergspyder. Der Testlauf glückte, im Nu waren vier weitere Fahrgestelle aufgebaut. Der Porsche 908/3 war geboren.

Drei Fahrzeuge lieferte man an den Rennstall von John Wyer. Der vierte ging an Porsche Salzburg mit Vic Elford und Hans Hermann am Steuer. Bei Wyer verteilte man zwei der drei Fahrzeuge an die Standardteams Jo Siffert/ Brian Redman und Pedro Rodriguez/Leo Kinnunen. Im dritten Wagen sitzt an der Seite von Richard Attwood ein waschechter Rallyepilot, Björn Waldegard.

Der Rennstart

Fast wie am Reißbrett geplant, ist Jo Siffert im Porsche 908/3 mit der Startnummer 12 Trainingsschnellster. Die Stoppuhr bleibt bei 34:10 Minuten stehen, was einen Schnitt von 126 km/h ergibt.

Dennoch ging ein Ferrari am Sonntag als Erster auf die Strecke. Um 9.14 Uhr kuppelte Herbert Müller im Filipinetti 512 S ein. Im offiziellen Zeitintervall von 14 Sekunden, folgt ihm Vaccarella im Werks-Ferrari 512 S. An Dritter Position drückt weitere 14 Sekunden später Jo Siffert im 908/3 das Gaspedal in Richtung Bodenblech und stürzt sich ins Abenteuer Targa Florio 1970.

 
 
 
 
Die Targa Florio ist nichts für Warmduscher

Die Targa Florio war noch nie ein Rennen für Gentleman Driver. Vollgas im 70er Jahre Rennboliden, einer zusammengenieteten Aluschüssel, umgeben von Benzin, über sizilianische Landstraßen zu fliegen, die Schlaglöcher hat das ein ganzer Fiat 126 Bambino drin verschwinden könnte, dafür brauchts halt mehr Eier als auf einem Retortenrundkurs.

Durch den Regen in den Morgenstunden ist die Strecke teilweise noch nass und fordert direkt in den ersten Runden ihren Tribut. Auch Spitzenteams bleiben bei diesem harten Straßenrennen nicht verschont. Am Porsche von Vic Elford bricht in der 12. Runde die Radaufhängung, nachdem er einen Stein überfahren hat. Sein Porsche wird beim anschließenden Unfall völlig zerstört. Vic Elford bleibt unverletzt. Einige Kurven weiter kämpft Umberto Maglioli mit seinem Alfa Romeo T33/3 und der nassen Straße. Er kommt ins Schleudern und verunglückt, bleibt aber auch unverletzt. So führt nach der ersten Runde überraschend Gérard Larousse im Werks-Porsche 908/2. Dahinter die Gulf farbene Porsche Flügelzange der beiden Wyer 908/3 mit Siffert Nr. 12 und Kinnunen Nr. 40.

Porsche 908/03 1970
Die finale Rennphase

Im weiteren Rennverlauf soll das Duell Porsche gegen Ferrari heißen. Für Alfa Romeo wird die Targa Florio 1970 zum Debakel. Alle drei Alfa Romeo T33/3 scheiden durch Unfälle aus. Auch die verbliebenen Abarth können das Tempo des Ferrari 512 S und der Porsche Armada nicht mitgehen. Nach den ersten Fahrerwechseln führt Vaccarella vor Redman und Rodriguez. Dieser fährt sogar nur zwei Runden, weil er in der Nacht krank wurde und so angeschlagen viel Zeit auf den Ferrari verlor. Also setzt sich Kinunnen wieder hinters Steuer und dreht auf. In der Schlussphase jagt er in einer Rekordrunde nach der anderen über Insel. So kann er den Vaccarella Ferrari noch abfangen und auf Platz drei verdrängen. Bei seiner letzten Runde radiert er die Rekordzeit von 33:36,000 Minuten in den erhitzten Asphalt Siziliens. Eine Zeit, die in der Historie der Targa Florio nie mehr geknackt wird.

Den Sieg im Porsche 908/3 mit der Nr 12 bei der Targa Florio 1970 kann aber auch er nicht mehr verhindern. Nach dem letzten Boxenstopp setzt sich Jo Siffert deutlich von Giunti im Ferrari ab. Am Ende sind nur fünf Fahrzeuge von über 90 Startern noch in einer Runde. Darunter alle vier Porsche 908/3, die speziell für die Targa Florio 1970 in Rekordzeit entstanden sind.

Text: Bernd Schweickard

Foto: Hersteller, Bernd Schweickard (2)

Video: Youtube/dodoracingvideos

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